Ein Lob der Flusskreuzfahrt
Die Annehmlichkeiten, wie ein 5 Gänge Menü
ein Reisebericht von Peter Obertaler
Passau. Es gibt aktivere Wege, die Welt zu erobern: wandern, klettern, radeln, reiten, segeln, im Jeep durch die Sahara oder im Cabrio auf der Corniche fahren, obwohl man sich im Pauschalreise-Alltag ja eher die Nase an einem Busfenster platt drückt, oder im "Komfort-Schlafsessel" mit angezogenen Knien vor sich hindöst. Egal, der geruhsamste, beschaulichste, komfortabelste Weg, die Welt kennen zu lernen, der Königsweg also, ist die Schiffsreise. Und der sozusagen philosophischste auch. Weil man, während man die Welt "erobert" indem man sie bedächtig an sich vorüber gleiten lässt, Zeit hat, über sie nachzudenken. Gleich, jetzt, hier - und nicht erst zu Hause beim Betrachten der Urlaubsfotos. Wer klettert, muss aufpassen, wo er hintritt, wer radelt, reitet, sein Cabrio pilotiert, wohin er fährt. Auf dem Schiff macht das alles der Steuermann, während der Steward die Drinks serviert und der Koch schon mal das Fünf-Gänge-Menü vorbereitet.Und erst das Hotel: auspacken, einpacken, den Koffer vors Zimmer stellen oder selbst zum Bus schleppen und Angst haben, dass er vergessen oder geklaut wird. Das ist der Preis des Ortswechsels bei jeder anderen Reise. Nur bei der Schiffsreise reist das Hotel mit. Dasselbe gewohnte Bett, derselbe gewohnte Schlummertrunk, gemixt vom selben Barkeeper. Selbst die Mittrinker bleiben dieselben. Und wie Dusche und Nachttischlampe funktionieren, muss man auch nur einmal lernen. Kurzum, alles spricht für die Kreuzfahrt, und das ganz besonders auf Flüssen. Weil man da einfach näher dran ist und es ergo einfach mehr zu sehen gibt: Hügel, Berge, Wiesen, Wälder, Felder, Kirchen, Klöster, Burgen, Schlösser, Dörfer, Städte, Kühe, Pferde, Möwen, Enten, Reiher, Rehe - und Menschen. Auf See ist die Aussicht majestätisch, hier ist sie interessant. Und alles vom Deck -Chair aus.
Sie mögen es aktiver? Bitte, bei einer Flusskreuzfahrt ist jeden Tag "Landgang" angesagt, Sie können an den vom Schiff angebotenen Ausflügen teilnehmen (und wissen nach zwei Stunden Stadtrundgang in Padua, Potsdam, Dresden oder Lyon auch, was "Aktivurlaub" ist) - aber sie können natürlich auch auf eigene Faust wandern, radeln, joggen, Jeep oder Cabrio fahren. Sogar abends in der Kneipe hängen bleiben (was schade wäre, weil Sie dann das Galadinner versäumen), Summa, es lässt sich alles organisieren. Sie müssen nur pünktlich zur Abfahrt wieder an Bord sein.
Sie können - nebenbei - sogar an Bord wandern. Wie groß ein Flusskreuzfahrtschiff ist, erkennen Sie nicht auf dem Kabinengang, sondern oben auf dem Sonnendeck. 120 Meter misst beispielsweise die "Mozart" vom Bug zum Heck, zweimal hin und her sind fast ein halber Kilometer, und um die Meile zu gehen, müssen Sie gerade 14 mal von vorn nach achtern laufen. Doch Sie sollen ja nicht laufen, obwohl das bei dem opulenten Essen sicher ganz gesund wäre, Sie sollen liegen. Im Liegestuhl auf dem Sonnendeck. Laufen, nein besser schweben tut die Landschaft zu beiden Seiten. Dass es das Schiff ist, das sich bewegt, spürt man eher im Unterbewusstsein.
Man kann und sollte Küche und Kabinen genießen, das Restaurant, die Lounge, die Bibliothek und die Bar - aber der schönste Platz bei einer Flusskreuzfahrt ist der Liegestuhl an Deck, ausgerichtet zur Sonne (man kann immer beide Ufer sehen), ergänzt durch ein Beistelltischchen, auf dem ein Fernglas (ein Muss!), ein Buch aus der Bordbibliothek und - von freundlichen Stewards serviert- ein Kaffee, ein Tee oder auch mal ein Bier stehen. Letzteres wegen der angenehmen Müdigkeit, die einen beim Durch –die -Lande- schweben hilft. Wenn die Augen sich satt gesehen haben "am goldenen Überfluss der Welt", dann kann man sie auch einmal schließen. Das ist Flussreisen, das ist Erholung.
Blieben ein paar Worte über die Fahrtgebiete und Reisezeit zu sagen: Die Kabinenschiffe befahren alles, was zu befahren ist und sich zu befahren lohnt. Europas schönste Flüsse jedenfalls sind alle dabei. Und das dichte deutsche Wasserstraßen-Netz wird auch intensiv genutzt.
Und die Reisezeit? Schön, durch manche Weinlandschaft fährt man besser in ihrer "aktiven" Zeit, im Herbst, zur Lesezeit. Aber dass gerade die Flussauen im Frühling am prächtigsten leuchten, wer wollte das bestreiten.